Kamera Basics #24 – Was sind Videocodecs?
Das Thema Videocodecs richtet sich dieses Mal an die Videografen, bzw. die es werden wollen. Fotografen können hiermit eher weniger anfangen, doch extra Wissen kann selten schaden. Wir erklären dir, wie Videocodecs funktionieren und wozu man diese verwendet. Videocodecs sind sehr komplex, weswegen wir hier auf viele Facetten eingehen und auch wie du eine bessere Leistung im Videoschnitt dank der Verwendung von verschiedenen Codecs verbessern oder verschlechtern kannst.
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Was bedeutet Videocodecs?
Ein Videocodec ist ein Komprimierungs- und Dekomprimierungsalgorithmus für Audio- und Videodaten. Dabei dient der Videocodec zur Reduktion von Datenmengen, um beispielsweise eine längere Videoaufnahme auf den Speicherplatz deines Speichermediums zu speichern und den vorhandenen Speicherplatz bestmöglich zu nutzen. So setzen die verschiedenen Methoden auf eine Komprimierung, welche die Qualität im Wesentlichen nicht beeinflussen sollte. Das wird dadurch erreicht, dass redundante Informationen entfernt werden und vorhandene werden komprimiert.
Jeder Videocodec beinhaltet einen Coder und einen Decoder, wobei der Decoder bei der Wiedergabe zum Einsatz kommt. Ist der jeweilige Codec sehr stark komprimiert, also viele einzelne Details bleiben erhalten, mit einer dennoch kleinen Videodatei, dann ist dies der Grund, dass dein Computer eine hohe Rechenleistung benötigt, um die flüssige Wiedergabe der Datei zu ermöglichen. Das kann gerade im Schnitt zu Problemen führen, weswegen wir hier später auch entsprechende Lösungsansätze ansprechen.
Der Codec beschreibt daher eher die Effizienz der Komprimierung, die Komprimierung verhält sich dann noch einmal anders, was wir nachfolgend noch erklären.
Welche bekannten Videocodecs gibt es?
Die Nachfolgenden drei Videocodecs sind die am meisten in der Videografie geläufigsten Videocodecs, welche am meisten Verwendung finden:
- H.264 / AVC
- H.265 / HEVC
- Apple ProRes
Die Komprimierung von Videodateien
Nachdem wir geklärt haben, was ein Codec tut und welche es gibt, gehen wir nun auf die Stärke der Komprimierung innerhalb des Codecs ein. Wir werden im Folgenden die einzelnen Bilder eines Videos Frames nennen, denn ein Video hat 24fps, also 24 einzelne Bilder pro Sekunde, da der Begriff aber aus dem englischen stammt, halten wir diesen jetzt der Form halber und dem Industriestandard nach korrekt erklären.
GOP (Group of Pictures) / Long GOP (Long Group of Pictures)
In der GOP-Komprimierung werden mehrere Frames zusammen genommen als eine Gruppe. Innerhalb einer GOP gibt es verschiedene Arten von Frames: I-Frames (Intra-Frames), P-Frames (Predictive Frames) und B-Frames (Bi-directional Predictive Frames).
Eigenschaften
- Effiziente Komprimierung mit geringerer Datenrate und Dateigröße im Vergleich zu All-I, da Redundanzen zwischen den Frames ausgenutzt werden.
- Komplexere Dekomprimierung, da zur Wiedergabe eines B- oder P-Frames mehrere andere Frames dekodiert werden müssen.
- Kann zu Bildqualitätsverlust führen, wenn die GOP zu groß ist oder zu viele B- und P-Frames verwendet werden.
Anwendungsfälle
- Streaming und Broadcasting, wo die Bandbreite begrenzt ist.
- Szenarien, in denen die Dateigröße und Übertragungseffizienz wichtiger sind als die Bearbeitungsfreundlichkeit.
All-I (Intra-Frame) / All-Intra
Bei der All-I-Komprimierung wird jedes Frame eines Videos unabhängig von den anderen Frames komprimiert und gespeichert. Dies bedeutet, dass jedes Frame wie ein vollständiges Bild behandelt wird.
Eigenschaften
- Hohe Bildqualität, da jedes Frame in voller Qualität vorliegt.
- Höhere Datenrate und größere Dateigröße im Vergleich zu GOP, da mehr Daten gespeichert werden müssen.
- Ideal für Videobearbeitung und Postproduktion, weil der Zugriff auf jedes einzelne Frame direkt möglich ist.
Anwendungsfälle
- Videobearbeitung und Postproduktion.
- Szenarien, bei denen eine hohe Bildqualität und Bearbeitbarkeit wichtiger sind als die Dateigröße.
HLG (Hybrid Log Gamma)
Hybrid-Log-Gamma ist eine Art von HDR (High Dynamic Range), die von BBC und NHK entwickelt wurde.
Eigenschaften
- Ermöglicht die Aufzeichnung von HDR-Inhalten, die sowohl auf SDR (Standard Dynamic Range)-Displays als auch auf HDR-Displays gut aussehen.
- Wird oft in Kombination mit anderen Komprimierungsstrategien verwendet.
Anwendungsfälle
Besonders nützlich für Broadcast und Live-Übertragungen, wo eine nahtlose Kompatibilität mit verschiedenen Display-Typen erforderlich ist.
RAW
RAW-Formate speichern die Bilddaten direkt von dem Kamerasensor in unbearbeiteter Form. Dies dürftet Ihr von der Fotografie kennen.
Eigenschaften
- Bietet maximale Flexibilität bei der Nachbearbeitung.
- Sehr große Dateigrößen, da nur minimale Komprimierung angewendet wird.
Anwendungsfälle
Professionelle Film- und Fotoproduktionen, bei denen maximale Qualität und Flexibilität bei der Nachbearbeitung erforderlich sind.
ProRes
ProRes ist ein von Apple entwickelter Codec. Er bietet eine hohe Qualität und Effizienz bei der Bearbeitung und Wiedergabe von Video-Inhalten und wird häufig in professionellen Film- und TV-Produktionen eingesetzt. Wichtig zu wissen, Apple besitzt ein Patent auf die Hardwareseitige decodierung, weswegen diese wesentlich performanter unter IOS Systemen arbeitet, als bei einem Windowssystem.
Eigenschaften
- ProRes bietet eine hervorragende Bildqualität bei relativ moderaten Datenraten, was es ideal für die Postproduktion macht.
- Verschiedene Varianten bieten unterschiedliche Kompressionsgrade und Qualitätsstufen, die an verschiedene Produktionsanforderungen angepasst sind.
- Unterkompressionsarten: 4:2:2, 4:4:4:4 (4:4:4), LT, HQ, Proxy und RAW
Anwendungsfälle
- Aufgrund der hohen Qualität und Bearbeitungsfreundlichkeit wird ProRes häufig in professionellen Postproduktions-Workflows verwendet.
- ProRes ist weit verbreitet in der Film- und TV-Produktion wegen seiner Effizienz und Qualität.
- ProRes wird häufig in der Rundfunkproduktion verwendet, da es eine hohe Bildqualität bei moderaten Dateigrößen bietet.
- ProRes 4:4:4:4 und ProRes RAW sind besonders nützlich für visuelle Effekte und Farbkorrekturen, da sie hohe Farbtiefe und Flexibilität bieten.
Farbabtastung / Chromasubsampling
Das menschliche Auge reagiert auf Helligkeitsunterschiede (Luminanz) besser bzw. empfindlicher als auf Farben (Chrominanz). Dies ist auch der Grund, warum viele Schwarzweißaufnahmen für das menschliche Auge schärfer wirken, als eine Farbaufnahme. Darauf gehen wir auch in unserem Kamerasensoren Artikel ein.
Was verbirgt sich nun hinter den drei Zahlen, die durch einen Doppelpunkt getrennt werden? Bestimmt kennst du diese Angaben auch bereits: 4:2:0 oder 4:2:2, sie sind recht verbreitet in den verschiedenen Kameramenüs. Sie geben an, wie Helligkeits- und Farbinformationen über zwei Zeilen und oft mit vier Spalten gewichtet sind. Um das Ganze besser zu erklären, übertragen wir die Informationen nun in A:B:C und versuchen so das ganze verständlich zu machen.
Wichtig für das Verständnis: Chromasubsampling kombiniert immer 2 untereinader liegende Reihen an Pixeln
Chroma-Reihe
Unser A, was in aller Regel mit einer 4 ausgezeichnet wird. Beschreibt 4 Pixel in der Horizontalen, welche eine Reihe bilden, wovon je 2 Felder den selben Wert jeweils haben.
Anzahl der Farbinformationen
B beschreibt, mit wie vielen Farbinformationen die Horizontale Chroma-Reihe zusammengesetzt ist, so bedeutet hier eine 4:4:X, dass jeder Pixel einen Farbwert zugewiesen bekommt, trägt es also eine 4:2:X, dann werden nur die Hälfte der Farbinformationen je Pixel gespeichert werden.
Wo unser C die zweite Reihe beschreibt und wie die Farben oder besser gesagt die Chrominanz sich verhält, ist diese 0, kopiert sie den Wert der darüberliegenden Reihe.
Erklärung für die Schnelle
-
4:4:4 = 4 Pixel Helligkeitsinformationen, 4 Pixel mit eigenen Farbinformationen (1 Reihe) und 4 Pixel mit eigenen Farbinformationen (2 Reihe); Sehr viel rechen Leistung benötigt
-
4:2:2 = 4 Pixel Helligkeitsinformationen, 2 Pixel mit eigenen Farbinformationen (1 Reihe) und 2 Pixel mit eigenen Farbinformationen (2 Reihe); Viel Rechenleistung benötigt
-
4:2:0 = 4 Pixel Helligkeitsinformationen, 2 Pixel mit eigenen Farbinformationen (1 Reihe), 0 Pixel eigene Informationen; hier wird die Information der darüber liegenden Reihe übernommen; Weniger Rechenleistung benötigt
Das ganze kann durch eine GPU Beschleunigung unterstützt werden und besser dargestellt werden.
Welche nehme ich wofür?
In der Regel sieht man die Unterschiede kaum bis wenig, doch arbeitest du mit einem Chromakey, also die typischen Grünen oder Blauen Hintergründen, dann kommt es auf jede Farbinformation an, denn sonst könnte die Maske unsauber werden, hier eignen sich besonders gut Werte über 4:2:2.
Reduktion des Speicherbedarfs
Anwendung | A:B:C-Abtastung | Speicherbedarf in % |
Professionelle Videoaufnahme | 4:4:4 | 100 |
NTSC | 4:2:2 | 66,6 |
BluRay, JPEG | 4:2:0 | 50 |
NTSC-DV | 4:1:1 | 50 |
PAL I | 4:1:0 | 41,6 |
Container / Dateiformat
Ein Container ist einfach gesprochen das Dateiformat. In diesen Dateien werden Videodaten, Audiodaten, Untertitel und Metadaten zusammengefasst. Namhafte Beispiele für Container: MP4, MKV, AVI, MOV
Videoediting PC Performance steigern mit Proxys
Wer nicht die Rechenleistung hat um die Wiedergabe von Videoaufnahme in 4K mit einem rechenintensiven Videocodec zu nutzen, der kann sich hier mit Proxys aushelfen, dabei handelt es sich um geringer auflösende Videodateien, die zum Beispiel nur Full-HD sind und danach austauscht werden können und so Zeit und Kosten senken.
Doch diese Funktion bieten nicht viele Kamerahersteller nativ an, weswegen man hier gut auf die Beschreibung oder auch die Firmware Updates der Kameras achten sollte.
Videoeinstellungen für PCs mit wenig Leistung
Wir sagten zuvor ja bereits, dass Proxys durchaus eine Methode sind, mit der du mit einem schwächeren PC ein Video schneiden kannst und am Ende nur die Dateien mit der finalen Auflösung tauschen musst.
Doch was kannst du tun, wenn du keine Proxys zur Verfügung hast? Dann kannst du mit den folgenden Einstellungen die Leistung im Videoschnitt verbessern:
- Virtuelle Proxys vorher generieren lassen aus deinem Footage
- Wenn du auf die Qualität verzichten kannst, ist die Auflösung zu verringern eine erste Option.
- Die Kamera von 10 Bit auf 8 Bit umstellen.
- Wenn du auf einem Mac arbeitest, bietet es sich an, mit ProRes zu arbeiten, oder h.264 statt h.265.
- Verwende, wenn möglich All-Intra oder Raw und nicht LongGop/Gop; Was zu kosten des Datenvolumens geht
- Verwende als Farbabtastung möglichst 4:2:0
- Brauch jede Szene die Möglichkeit auf eine Zeitlupe? Ansonsten verzichte auf die Fps und reduziere diese auf 30p oder 24p
- Halte die Clips möglichst kurz, so muss die Vorschau nicht ewig rendern bzw. verbraucht weniger Leistung
Fazit
Es ist sehr sinnvoll, sich mit den verschiedenen Videocodecs und ihrer Arbeitsweise auseinander zu setzen, denn dies kann sehr dabei helfen abzuschätzen, was man gerade für den nächsten Dreh benötigt. Oder auch ob der eigene PC in der Lage ist die Daten zu verarbeiten.
Eine kleine Aufgabe für dich:
Nimm einmal verschiedene Clips auf mit deiner Kamera in denen du die Einstellungen durchtestest und schau dir das Videomaterial an und teste auch in deinem Videoschnittprogramm wie diese wiedergegeben werden, so kannst du schauen, was du mit deinem Setup perfekt verwenden kannst!
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