Present Perfect
Seit 2015 macht Caspar Sessler mit seiner Werkserie ?present perfect? auf sich aufmerksam. Er stellt bekannte Orte über einen großen Zeitraum in Szene und zeigt Veränderungen in einem zusammengesetzten Bild. Es bleibt nicht nur sichtbar, dass es sich um Collagen handelt, sondern der Fotograf unterstreicht direkt sein besonderes, collagierendes Verfahren.
Zeitgeschichte aus der gleichen Perspektive
Caspar Sessler ist Jahrgang 1982, lebt und arbeitet in Bremen und machte dort 2013 seinen Abschluss. Mit seinem Projekt ?present perfect? verschaffte er sich 2015 einen Namen in der Kunstszene. Present Perfect ist die englische Zeitform, die abgeschlossene Ereignisse aus der Vergangenheit beschreibt, die jedoch noch mit der Gegenwart im Zusammenhang stehen. Caspar bedient sich an diesem Anglizismus und setzt im Rahmen dessen seine fotografische Collageserie um. Ein Projekt, das vielleicht auch nie abgeschlossen ist: eben dem Namen gerecht! Für dieses Projekt sucht er historisch bedeutsame Orte mit Wiedererkennungswerten auf, die eine Fotografin oder ein Fotograf zum Teil 100 Jahre vor ihm abgelichtet hat.
Für seine Kunst besteht die Schwierigkeit vor allem darin, den gleichen Standort zu finden und diesen aus der gleichen Perspektive zu erfassen.
Eine Kombination aus Alt und Neu
Das ist nicht leicht. Gleicher Winkel, gleicher Bildausschnitt und damit auch die gleiche Brennweite sind wichtig. Zum Einsatz kommt eine besondere Technik, die man ?Schere-Kleber-Ästhetik? nennt. Sie ist ähnlich wie in der Grundschule, bei der verschiedene Bilder zusammengeklebt werden. Er klebt die Originalbilder auf eine Glasscheibe und fotografiert das neue Bild dann vor Ort durch diese - Eine außergewöhnlich aufwändige analoge und digitale Foto-Collage. Es entsteht eine Kombination aus Alt und Neu, zum Teil mit sehr harten Kanten. Wenn er die finale Form gefunden hat, wird diese dann vergrößert. Mit panoramahaften Ausschnitten der Städte werden somit Archiv- und gegenwärtige Bilder so zusammengesetzt, dass die Schnittstellen erkenntlich sind, jedoch ein harmonisches Gesamtbild entsteht. Gerade durch die farblichen Unterschiede wird die Vergangenheit von der Gegenwart getrennt, jedoch durch das Gesamtkonstrukt wieder miteinander verknüpft. Der Betrachter hat die Möglichkeit des direkten Vergleiches in einem Bild. Es existieren Spuren aus der Vergangenheit und Veränderungen, die den jeweiligen Stadtraum in gleichem Maße geprägt haben, wie die gegenwärtige städtebauliche und gesellschaftliche Situation. Sessler bedient sich bei seinen Motiven vor allem an historisch bedeutsamen Städten wie Bremen oder Berlin. Orte, die bekannte Gebäude und Plätze haben. Deshalb kann man diese auch so gut in den Vergleich setzen.
Die Veränderungen der Städte deutlich machen: im Positiven, sowie im Negativen
Der Dom, die Kirche, der Markt: Identitätsmerkmale von Städten, die heute genauso existieren, jedoch baulich verändert wurden. Die Liebe für sein Heimatort, spiegelt sich auch in einem anderen Projekt #ausliebezurmusik wider, bei dem er die Bremer Philharmoniker begleitete. Sie bringen mit klassischer Musik die großen Emotionen auf die Bühne und verkörpern ebenso die Tradition, das Heimatgefühl und die Veränderung von der Stadt Bremen. Auch hier nutzt er die Kraft von Collagen.
Bei ?present perfect? möchte Sessler die Veränderungen der Städte so darstellen, wie sie die Menschen wahrnehmen: im Positiven wie im Negativen. Manche Zusammensetzungen wirken vielleicht absurd oder unpassend. So überträgt sich die damalige Ansicht der Gesellschaft über die jeweilige Stadt und wird direkt mit der heutigen verglichen.
Caspar Sessler führt uns mit seinen Collagen durch die Zeit, um genauer zu sein: durch Raum und Zeit. Veränderungen in der Mobilität, der Gesellschaft, der Identität der Städte, sowie auch der Menschen. Mit der Fotografie ist genau dies möglich: Veränderungen deutlich zu machen, Momente festzuhalten und lebendig zu halten.
Mehr zu dem Künstler findet ihr auf seiner Webseite oder auf Instagram.