Canon EOS R5 II - eine Kamera, die die Fotografie grundlegend verändert?
Der Sprung von analogen zu digitalen Kameras, der Wechsel von technisch limitierten DSLRs zu modernen und wesentlich vielseitigeren, spiegellosen Systemkameras, der Weg von reinen Fotokameras zu exrem leistungsstarken Foto-Video-Hybriden - in den letzten Jahrzehnten gab es einige Innovationen, die Kameras neu gedacht haben. Doch die Zeit, in der nahezu jede neue Kamera nicht zuletzt durch technische Entwicklungen neue Maßstäbe setzt und damit die Art und Weise, in der Fotografinnen und Fotografen mit Kameras interagieren, grundlegend ändert, scheint vorbei zu sein; oder vielleicht doch nicht?
Die neue Canon EOS R5 II könnte tatsächlich endlich wieder neue Maßstäbe setzen. Nach immerhin 4 Jahren des Wartens und Hoffens hat Canon mit der neuen R5 II endlich eine Kamera herausgebracht, die Fotografie und Videografie neu denkt. Warum das so ist und was genau die Kamera so besonders macht, erfahrt ihr in diesem Blogbeitrag mit Video.
Zeitgleich hat Canon auch die neue EOS R1 vorgestellt, die wir uns natürlich auch einmal genauer angeschaut haben:
1. Body und Design
Wie schon bei der EOS R1, hat Canon auch bei der neuen R5 II den Body nicht grundlegend neu gestaltet, aber auf das Kundenfeedback gehört und in Sachen Formfaktor und Bedienung einiges angepasst: Vom separaten Modushebel für Foto und Video, über den Smart-Hotshoe bis hin zu kleineren Details, wie z. B. dem neuen Joystick: Alles, was optimiert werden musste, wurde auch angepasst. Das betrifft auch die kleinen Lüftungsschlitze bei den Ports und unter dem Display, auf die wir später auch noch einmal zu sprechen kommen.
Canon EOS R5 Mark II Gehäuse
- 45 Megapixel Stacked BSI Sensor
- CMOS-Vollformatsensor
- Reihenaufnahmen bis 30 B/s
- Dual Pixel Intelligent AF
- 8K RAW Video bis 60p
- DIGIC Accelerator + DIGIC X
- 0,5 Zoll OLED elektronischer Farb-Sucher
1.1 Sucher und Eye-Tracking
Was beim Anblick der Kamera sofort ins Auge springt, ist der wirklich massive Sucher (EVF). Der ist natürlich nicht ohne Grund so groß: Neben dem Display stecken nämlich im Sucher noch ganz viele Sensoren, die für das Eye-Tracking zuständig sind. Das Eye-Tracking ist ein extrem spannendes Feature, das wir schon aus der EOS R3 kennen und jetzt auch bei der R1 und der R5 II mit an Board ist. Das Eye-Tracking ermöglicht die Steuerung des Autofokuspunktes direkt mit dem eigenen Auge im Sucher. Zugegeben, das ist erstmal vielleicht etwas gewöhnungsbedürftig, aber ermöglicht nach einer kurzen Eingewöhnungsphase ein super schnelles Arbeiten. Im Vergleich zur R3 hat Canon das Feature hier aber noch einmal deutlich überarbeitet und weiterentwickelt. Damit ist Eye-Tracking jetzt nicht nur noch schneller und zuverlässiger, sondern funktioniert nach einer Verfeinerung der Kalibrierung im Menü auch super mit einer Brille - und sogar mit einer Sonnenbrille.
2. Sensor und Bildqualität
Nach diesem ersten Blick auf die äußere Gestalt der Kamera können wir etwas weiter in das Gehäuse hineinschauen und den Sensor genauer unter die Lupe nehmen. Der wurde von Canon nämlich extra für die neue R5 II entwickelt, besitzt 45 Megapixel und ist jetzt nicht nur rückwärtig belichtet, sondern auch gestapelt aufgebaut. Damit besitzt der Sensor nicht nur eine bessere Low-Light-Performance, sondern kann auch schnneller ausgelesen werden.
Neu ist allerdings auch, was sich hinter dem Sensor verbirgt. Denn dort gibt es neben dem DIGIC X Prozessor noch den sog. DIGIC Accelerator. Diese Prozessor-Kombination verbessert nicht nur die Leistung der EOS R5 II noch einmal deutlich, sondern ermöglicht noch das eine oder andere nette Feature, auf das wir später noch zu sprechen kommen.
Gerade bei hochauflösenden Sensoren ist es eine große Herausforderung, die vielen Daten so schnell wie möglich zu verarbeiten. Bei der R5 II konnte Canon die Auslesegeschwindigkeit so sehr beschleunigen, dass sie knapp 10 Bilder pro Sekunde (also 30 statt der bisherigen 20 bei der R5) mehr schafft. Darüber hinaus wird auch jedes einzelne Bild schneller ausgelesen, was eine verbesserte Performance in Sachen Rolling Shutter zur Folge hat. Die Bildergebnisse sind, wie von Canon gewohnt, wirklich beeindruckend.
Die hohe Auflösung der EOS R5 II ist vor allem für Profis interessant, die Projekte umsetzen, bei denen eine höhere Auflösung nötig ist und die keine Abstriche in der Lichtempfindlichkeit oder der Farbwiedergabe machen möchten, wie z. B. die Düsseldorfer Fashion-Fotografin Silke an Mey, die mit uns die R5 II exklusiv testen durfte.
Einen Wunsch hätten wir an dieser Stelle aber dann doch: Gerade, wenn man mal viele Serienbildaufnahmen machen möchte, wäre es großartig, wenn sich die Kamera in einer Art "Low-Res-Modus" verwenden ließe. Also einem Modus, in dem man auch mit geringerer Auflösung, wie z. B. 24 MP, arbeiten könnte.
3. Autofokus
Eine richtige Innovation bei der R5 II und der EOS R1 ist der Autofokus. Denn hier geht Canon ganz neue Wege und nutzt die Deep Learning Technologie nicht nur, um Motive im Bild so gut wie möglich zu erkennen und zu verfolgen, sondern geht noch einen Schritt weiter und versucht der Kamera beizubringen, wie sich verschiedene Motive verhalten werden.
Natürlich: Die Zukunft genau vorherzusehen wird vermutlich nie möglich sein, aber wenn eine Kamera ein grundlegendes Verständnis von bestimmten Bewegungsabläufen in einzelnen Situationen hätte, wäre natürlich auch der Autofokus deutlich zuverlässiger und daher auch deutlich besser einzuschätzen.
3.1 Action-Priority
Wie wird sich ein Fußballspieler, der gerade den Ball bekommen hat, vermutlich weiter bewegen? Und was passiert eigentlich, wenn er den Ball wieder abspielt? Diese Fragen beantworten die R1 und R5 II jetzt dank der neuen "Action Priority" quasi selbst. Ist diese für die entsprechende Sportart aktiviert, erkennt die Kamera auch den Ball und verknüpft ihre Motiverkennung mit der Information, wo sich der Ball gerade befindet. Passt der Spieler den Ball zu einem anderen Spieler, versteht die Kamera, dass dieser nun die Person gewechselt hat und fokussiert die neue Person.
Das funktioniert aber natürlich nicht nur beim Fußball, sondern auch bei anderen Sportarten. Bisher sind das neben Fußball auch Basketball und Volleyball. Wir sind gespannt, ob und wann Canon hier noch weitere Sportarten hinzufügen wird.
4. Computational Photography Features
Neben dem Autofokus kommen die neuen Prozessoren der R5 II aber auch für weitere, KI-gestützte Features zum Einsatz. Damit geht Canon die ersten Schritte in Richtung der Computational Photography.
Bei der Computational Photography werden die Bilder durch das interne Bild-Processing noch einmal deutlich verbessert. Das passiert natürlich sowieso bereits im Hintergrund, allerdings bieten die Hersteller auch immer häufiger die Möglichkeit, die eigenen Bilder schon in der Kamera zu verarbeiten.
In diesem Bereich hat Canon einige wichtige Funktionen entwickelt:
4.1 Upscaling
Mit der Upscaling-Funktion können ausgewählte Bilder von der Speicherkarte aus direkt in der Kamera auf die vierfache Auflösung hochskaliert werden. Dabei wird aber nicht nur die Auflösung künstlich erhöht, sondern durch den Deep-Learning-Algorithmus auch mehr Details hinzugefügt.
Im Gegensatz zur bekannten Pixel-Shift-Funktion kann man diesen Prozess zum einen auch erst nach der Aufnahme starten, zum anderen funktioniert dieser jetzt auch mit allen Belichtungszeiten. Gerade für Wildilife und Sport ist das natürlich extrem spannend!
4.2 Bildausschnitte verändern
Doch das ist noch nicht alles! In der neuen R5 II ist es jetzt möglich, noch in der Kamera die Bildausschnitte und Seitenverhältnisse zu verändern. Die dadurch verlorengegangene Auflösung kann durch das eben erwähnte Upscaling dann ganz einfach wieder kompensiert werden.
4.3 KI-Rauschunterdrückung
Die KI-gestützte Rauschreduktion, wie man sie aus diversen Bildbearbeitungsprogrammen kennt, ist auch mit an Board. Wie viele Details und auch wie viel Schärfe bei der Rauschreduktion hier zurückkommt, ist wirklich beeindruckend! Wer also mal versehentlich den ISO-Wert etwas zu hoch eingestellt hat, hat hier direkt in der Kamera die Möglichkeit, das Bild zu retten.
Ein kleines Manko gibt es hier allerdings: Die Bilder werden nach der Rauschunterdrückung natürlich als JPG abgespeichert und sind daher komprimiert. Hier wäre zumindest ein HEIF-Format wünschenswert, das im Zweifel dann doch noch bearbeitet werden könnte.
Die hier genannten Funktionen sind alle auch in der neuen Canon EOS R1 zu finden und wurden vermutlich auch eher für Sportkameras mit weniger Auflösung entwickelt. Trotzdem freuen wir uns natürlich sehr, dass Canon die Features in beide Kameras integriert hat.
Zu unserem ausführlichen Review der mit der R5 II gleichzeitig vorgestellten R1 kommt ihr hier:
5. Video
Wie ihr Vorgänger, ist auch die EOS R5 II auf die hybride Nutzung ausgelegt. Aus den Kritikpunkten der R5 hat Canon offensichtlich gelernt und so in der neuen R5 II viele Dinge verbessert.
Um eine Überhitzung der Kamera zu vermeiden, kommt die neue R5 II jetzt mit Lüftungsschlitzen bei den Ports und auf der Unterseite. Zwar hat sie keinen aktiven Lüfter, wie ihn z. B. die R5c hat; durch die Lüftungsschlitze kann die Hitze aber so einen Weg aus dem Gehäuse herausfinden. Aber auch in der Bauweise hat Canon die Hitzeableitung berücksichtigt, sodass hier jetzt mindestens zwei Stunden 8K-Videoaufnahmen bei 30p möglich sein sollen.
Wer sich gar keine Gedanken mehr zu diesem Thema machen möchte, kann aber auch auf eine externe Lösung setzen: Neben dem normalen Batteriegriff hat Canon noch einen zweiten Griff mit integriertem Lüfter entworfen, der die Luft durch die Lüftungsschlitze der Kamera drückt und sie somit aktiv herunterkühlt. Außerdem ist der Griff mit einem LAN-Port für das Tethering übers Netzwerk ausgestattet. ( Der alte Batteriegriff bleibt kompatibel, ist aber eingeschränkt verwendbar! )
Damit hat Canon nicht nur die Probleme des Vorgängers gelöst, sondern das Thema Video noch einmal deutlich ernster genommen.
Neben 8K/60fps RAW kommt auch noch ein neuerer, etwas kleinerer "S-RAW" Codec dazu, mit dem man bei 4K mit 60fps ein etwas kleineres RAW-Format aufzeichnen kann. Natürlich sind aber auch mehr Frames pro Sekunde drin: Wer möchte, kann auch in FullHD mit 240p oder 4K mit bis zu 120p Video und Audio aufzeichnen.
Doch damit noch nicht genug: Denn die EOS R5 II ist im Videobereich nicht nur professioneller und leistungsstärker geworden, sondern kommt auch noch mit einem ganz besonderen Feature für den hybriden Einsatz der Kamera: Sowohl die R1 als auch die R5 II bieten die Möglichkeit, während des Filmens direkt über den Auslöser auch Fotos zu machen - und das sogar in Serie!
Und ja, den Full-Size HDMI-Anschluss gibt es nun endlich auch!
Außerdem wurde noch am Stabilisator ordentlich geschraubt, der so bis zu 8,5 Belichtungsstufen korrigieren kann und butterweiche Kamerabewegungen ermöglicht.
6. Fazit
Die neue Canon EOS R5 II ist ein absolutes Flaggschiff! Egal wohin man hier schaut: Canon hat wirklich in allen Bereichen das Beste bei dieser Kamera herausgeholt und so eine Kamera entwickelt, die jeden professionellen Fotografen und Videografen quasi wunschlos glücklich macht. Gleichzeitig merkt man auch, dass die Kameras und ihre vielen Features reifer werden. Die R5 II macht vieles einfach nur extrem gut und ist so eine absolut runde Sache.
Wer vor allem im Sportbereich unterwegs ist, sollte sich aber unbedingt auch einmal die neue Canon EOS R1 anschauen, die genau für diesen Bereich entwickelt wurde. Außerdem solltet ihr auch unseren ausführlichen, exklusiven Live-Talk zu den beiden Neuheiten unbedingt ansehen: