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The Pink and Blue Project

Ein Blick in ein Kinderzimmer enthüllt ein Meer aus pinkfarbenen Gegenständen. In fast manischer Sorgfalt sind die Dinge aufgereiht, während irgendwo im Raum ein kleines, unschuldig dreinschauendes Kind sitzt und in die Kamera schaut. Jeongmee Yoon hat es sich zur Aufgabe gemacht, die nahezu obsessive geschlechtliche Farbeinteilung von Kindern fotografisch festzuhalten und Ursachen zu hinterfragen, denn wie wir alle wissen: Jungs mögen blau, Mädchen pink – das ist nun mal so oder?

    von Niels Stiefeling

Cole - 2006
Cole - 2009
Cole - 2015

Ein Projekt entsteht

Aufmerksam auf das Thema wurde Yoon zum ersten Mal, als ihr auffiel, dass ihre fünfjährige Tochter bei der Suche nach neuer Kleidung oder Spielsachen nahezu ausschließlich pinkfarbene Dinge bevorzugte. Nach ein wenig Recherche schien klar: Diese eindeutig zugeordnete Farbeinteilung scheint ein weltweit verbreitetes Phänomen zu sein, denn völlig unabhängig von Kultur und Ethnie der Kinder und ihrer Eltern scheint eines immer sicher: Pink ist für Mädchen und Blau für Jungs.

Blau hat sich sogar zu einem Symbol entwickelt, das für Stärke und Männlichkeit stehen soll, während die Farbe Pink eindeutig für niedliche, unschuldige Mädchen gemacht zu sein scheint. Der Trend ist klar. Bei farblichen Vorlieben stellt sich daher vor allem die Frage der Ursache. Sind die Farbvorlieben wirklich durch die Genetik und das Geschlecht bestimmt oder beruht dieser Umstand eher auf jahrelangen medialen Einflüssen und einem daraus resultierenden Schubladendenken?

Yoon hat deshalb das langjährige Projekt „The Pink and Blue Project“ ins Leben gerufen. Ihre Intention: Aufzeigen, in welchem Ausmaß Konsumenten der Manipulation medialer Einflüsse unterliegen – egal ob bewusst oder unbewusst. Um ihre Aussage zu untermauern, besucht die Fotografin unterschiedliche Kinder in Südkorea und den Vereinigten Staaten von Amerika. Vor Ort arrangiert sie nun all deren Habseligkeiten in den Zimmern der Kinder und erstellt somit völlig überladene Kinderzimmer, die den Betrachter durch ihre Detailvielfalt, ihre eintönigen Farbschemata und einer irren Anhäufung von Gegenständen nahezu erschlagen. Zu ihren Anfängen ließ die Fotografin ihre Arrangements noch ohne klare Struktur sortiert. Doch Yoon merkte schon bei ihren ersten Versuchen, dass die Wirkung der dargestellten Zimmer umso stärker wird, wenn kleine Dinge deutlich in den Vordergrund rücken während große Gegenstände das Grundgerüst im Hintergrund bilden. Abgeschaut hat sie sich dieses Prinzip vor allem in Museen, die ihre Ausstellungsstücke nach dem gleichen Prinzip anordnen. Die Künstlerin sagt von sich, dass sie von der Anhäufung von Gegenständen fasziniert ist, diese Anziehungskraft überträgt sich in ihre Bilder. Die Kinder rücken dabei oft in den Hintergrund und gehen fast unter inmitten all ihrer Schätze. Oft provoziert Yoon eine neutrale, fast puppenähnliche Inszenierung. Das soll vor allem auf die Objektifizierung der Kinder aufmerksam machen.

So arbeitet Jeongmee Yoon

Bei ihrer Arbeitsweise sticht vor allem die Nutzung einer analogen Mittelformatkamera als Besonderheit heraus. Zum Einsatz kommt eine Hasselblad im 6x6-Format. Die quadratische Ausrichtung der Bilder hilft dabei, die Fülle der Zimmer in ihren Bilder besonders stark wirken zu lassen. Da Kinder es nicht immer schaffen, ihre Konzentration und auch geforderte Posen lang genug zu halten, kommen etwa fünf bis acht Rollen Film pro Kind zum Einsatz. Am Ende entstehen so zwischen 60 und 90 Bilder, in denen verschiedene maskuline oder feminine Posen abgefragt werden. Oft schaffen es aber auch spontane, unerwartete Gesten, den Charakter des Kindes besonders gut widerzuspiegeln. Auf den ersten Blick scheinen sich die aufgenommen Bilder alle sehr zu ähneln, in den kleinen Details werden Charaktereigenschaften und Unterschiede aber doch deutlich.

Für ihren hyperrealistsischen Bildlook arbeitet die Künstlerin oft mit der kleinsten ihrer möglichen Blende. Sie macht ihre Bilder mit Blende f/22. Besonders entscheidend ist bei einer solch geschlossenen Blende natürlich eine ausreichende Ausleuchtung. Mit diffusem Licht werden die Räume deshalb gleichmäßig aufgehellt. Stolz sitzen die Kinder in den Aufnahmen inmitten all ihrer Habseligkeiten. Fast skurril mutet die klare Farbgebung der Zimmer an, Individualität und Charakter bleiben auf der Strecke. Ihre Arbeit hat sich mittlerweile zu einem Langzeitprojekt entwickelt, in regelmäßigen Abständen besucht die Künstlerin Kinder und dokumentiert ihre offensichtliche Entwicklung.

Klare Einteilung

Auffällig ist vor allem bei Mädchen eine klar stereotype Entwicklung: Bis zur zweiten Klasse ist Pink die klar vorherrschende Farbe, ab der dritten, vierten Klasse verschiebt sich der „Pinkwahn“ oftmals Richtung Lila, während sich Farbvorlieben im Laufe der Jugend verlaufen. Eine starke Bindung zu Pink
bleibt allerdings oft bestehen. Allein diese Veränderung im Lauf der Entwicklung von solch jungen Menschen zeugt von fremdbestimmten Neigungen von klein auf.
Dass sich die Manipulation von Kindern nicht allein auf die Wahl ihrer Lieblingsfarbe beschränkt, wird beim genaueren Blick in die Kaufhäuser deutlich. Klar identifizieren lassen sich die Abteilungen für Jungen und Mädchen schon anhand der vorherrschenden Farben, doch auch inhaltlich werden hier klare Abgrenzungen gemacht. Einteilungen, die mit Sicherheit Einfluss auf das Verhalten und auch die Entwicklung von Kindern nimmt. Mädchen werden immer noch hauptsächlich mit Make-Up, hübscher Kleidung und Hausarbeiten wie dem Kochen konfrontiert, während Jungs von klein auf mit Technik, der Wissenschaft oder der Industrie in Berührung kommen.

Dass all diese Abgrenzungen dabei nicht der Genetik zugrunde liegen, sondern vielmehr Konditionierungen und medialen Einflüssen, wird vor allem deutlich im Hinblick auf verschiedenste Publikationen aus den 1910er-Jahren. So besagt zum Beispiel ein Zitat aus dem Ladies Home Journal – eine der einflussreichsten Zeitschriften für Frauen jener Zeit – grob: „ … die generelle Regel ist, dass Pink für Jungs und Blau für Mädchen angemessen ist. Aus dem Grund, dass Blau eine eher entschiedene, starke Farbe ist, während Pink eher verspielt und zart ist. “

Die "Pinkification" unserer Zeit

Auch Abi Moore – eine freiberufliche TV-Produzentin – kommt zu dem Fazit, dass die Welt einer „pinkification“ von Mädchen unterliegt. Dabei wird Kindern vor allem eines beigebracht: Konformität und dass es nur einen Weg gibt, ein anständiger Junge oder ein anständiges Mädchen zu sein. Schon in jüngsten Jahren lernen Mädchen so, dass Schönheit bei Frauen mehr geschätzt wird als Intelligenz.
Das limitiert Ambitionen und formt schon früh künstliche Grenzen. Ein Umstand, der unserer Welt im Jahr 2019 nicht mehr angemessen scheint, einer Welt, die mehr und mehr an geschlechtlicher Gleichberechtigung und Chancengleichheit arbeitet und vor allem immer wieder zeigt, dass es massenhaft starke Frauen gibt, die unglaublich viel erreichen in ihrem Leben – eben auch weil sie Grenzen überschreiten, die es so erst gar nicht geben sollte.

Auch wenn Schubladendenken und die Einteilung von Geschlechtern in Interessensgebiete oder auch kleine, unbedeutend scheinende Dinge wie die Lieblingsfarbe völlig natürlich und selbstverständlich scheinen mögen: Manchmal gilt es, Konventionen zu hinterfragen und „Normalitäten“ zu durchbrechen. Für mehr Vielfältigkeit, für mehr Entwicklungsmöglichkeiten abseits klar definierter, vorgefertigter Wege und forcierter Konformität.

Kihun - 2007
Kihun - 2018
Agnes - 2009
Agnes - 2015

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Das Foto Koch Magazin ist modern, kreativ gestaltet und vom Design sowie inhaltlich einzigartig.

weitere Informationen

Mehr von Jeongmee Yoon's Arbeiten sind auf ihrer Webseite oder über ihren Instagram Kanal zu finden. Vorbeischauen lohnt sich auch dort!

www.jeongmeeyoon.com
Instagram: @jeongmeeyoon

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