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"On Rusty Ground" - ein Interview mit Thorsten Zimmer

Lesezeit: 10 Minuten - 25. Januar 2020 - von Niels Stiefeling und Thorsten Zimmer

Wer ist Thorsten Zimmer?

Der Fotograf Thorsten Zimmer stellt aktuell seine Bilderserie "On Rusty Ground" vor. Das Projekt zeichnet seine Heimat - das Saarland - auf eine sehr raue und harte Art. Seine Bilder haben für ihn eine persönliche Verbindung zu verschiedenen Musikstücken - er setzt um, was er beim Hören schon vor seinem geistigen Auge sieht. Gemacht hat er sie zu Beginn auch deshalb vor allem für sich selbst.
Der Großteil der Bildserie ist in rauem Schwarz-Weiß gehalten, Zimmer selbst nennt das "Reduzierung aufs Maximum". 

Die interessanten Bilder mit ihrem hohen Kontrast haben wir uns zum Anlass genommen, ihm ein paar Fragen zu seinem fotografischen Leben und auch seinen Werken zu stellen. 

Wie haben Sie zur Fotografie gefunden?

 

Zur Fotografie in ihrer beruflichen Dimension bin ich durch meine Pressearbeit im und nach dem Studium gekommen. Ich war Freelancer für überregionale Zeitungen und beim Saarländischen Rundfunk - auch im redaktionellen Bereich. Meine Schwerpunkte waren der Bereich Gesellschaft, Industrie und Strukturwandel sowie Landschaft - allesamt Bereiche, aus denen der Großteil meiner heutigen fotografischen Werke stammt. Es war üblich, dass man neben dem eigenen Text auch gleich ein Foto mitlieferte - beispielsweise für Online Content.
Nach dem Studium kam eine Vertiefung meiner Arbeit in Text und Bild gleichermaßen. Als Beauftragter für Kommunikation hatte ich jeglichen inhaltlichen Auftritt eines mittelständischen Unternehmens im Bereich Automobilität zu vertreten - das brachte mir auch Produktfotografie und den Blick für Details - vor allem im Bereich technischer Motive mit Landschaft als Setting - nochmals näher. Etwas zugespitzt könnte man sagen: Ganz zu Beginn stand ein Studentenjob.

Was möchten Sie als Fotograf erreichen?

 

Zu meinen großen Anliegen gehörte von Anfang an der persönliche Wunsch, mein Hobby der Fliegerei mit Beruflichem zu verbinden. Dieses Ziel habe ich erreicht. Regelmäßige Aufträge im Bereich Luftbild für Kommunen und freie Träger (wie im Tourismusmarketing) machen es möglich.
Ein weiteres Bestreben ist, etwas dazu beizutragen, dass Fotografie sich in der öffentlichen Wahrnehmung in Deutschland oder Europa insgesamt nicht für alle Zeit hinter der Malerei verstecken wird. Man vergleiche nur die Verfügbarkeit und den Stellenwert von Schwarz-Weiß- und Monochrom-Fotografie in den USA - dort sei vor allem die Westküste genannt!

Haben sich Ihre fotografischen Vorlieben und das "fotografische Auge" über die Jahre verändert?

Den ersten Teil der Frage kann ich sicherer beantworten als den zweiten, zu dem ich meistens Mitarbeiter, Kuratoren oder Käufer meiner Fotografie zitiere. Meine fotografischen Vorlieben haben sich immer weiter zu den Schwerpunkten Landschaft und Industrie (die beiden Themen zumeist in enger Verbindung) entwickelt. Das hat einerseits mit den zunehmenden Aufträgen im Bereich Luftbild zu tun, andererseits steht dahinter auch mein Interesse an einem im Kern ur-gesellschaftlichen Thema, dem Wert der Arbeit. 
Was mein ‚fotografisches Auge‘ angeht, so habe ich beispielsweise von Kuratoren und Laudatoren bei der Vernissage der ersten Ausstellung der Serie "ON RUSTY GROUND" schon gesagt bekommen, dass insbesondere meine Motive mit (in)direkter Verschmelzung von Landschaft mit Industrie eine besondere Aussagekraft über die Zeit entwickelt hätten. Dahingehend gingen beispielsweise die eröffnenden Worte der Stadt Soltau in der Rathausgalerie, oder die Worte des 1.Vorsitzenden des KulturForums Bomlitz, Laudator Torsten Kleiber, der mich in fotografischer Hinsicht als „Industrieromantiker“ bezeichnete - ein Begriff, auf dem man sich nicht ausruhen kann und der zum Nachdenken anregt, der keinesfalls nur lobt - was mich bis heute antreibt und freut.
 

Welche Faktoren spielen für Ihre Arbeit eine besonders große Rolle? Wie kann man sich den Prozess von der Ideenfindung bis zu einem fertigen Projekt vorstellen? Wie ist vor allem das aktuelle Projekt "ON RUSTY GROUND" entstanden? 

Die Idee zu ‚ON RUSTY GROUND‘ entwickelte sich einerseits aus meiner eingangs erwähnten journalistischen Arbeit, die mich in der Saar-Lor-Lux-Region immer wieder zu Schauplätzen der Montanindustrie, also Kohle und Stahl, führte. Letztendlich habe ich diese Stätten zu großen Teilen in meiner Kindheit sowie in meiner Jugend in Betrieb gesehen und weiß aus persönlichem familiärem Erleben, wie weit insbesondere die Arbeit der Bergleute einen gesellschaftlichen Überbau - und zu dieser Zeit auch Zusammenhalt (!) - bot. Mein Großvater war Bergmann, was mich bis heute mit großem Stolz erfüllt. Es ist insbesondere die soziale Verbindlichkeit, die mich als Kind bei den Bergleuten begeisterte - ein Handschlag zählte noch, Verbindungen hielten Jahrzehnte, Zuverlässigkeit war oberstes Gebot und Gut. 
Allerdings nun wird meine Serie manchmal bezüglich des Konzepts missverstanden - sie zeigt nämlich kein einziges Bergwerk. Zu meiner Zeit in der Unternehmenskommunikation hatte ich sehr viel und im Detail auch mit Produktbildern im Bereich Metall zu tun - da habe ich angefangen, meine eigene Tonungspalette zu entwickeln und aus den vielen warmen sowie auch aus den kalten Tonungen zwischen Schwarz und Weiß die Palette für meine Arbeit in Schwarz-Weiß/ Graustufen zusammenzustellen. Ich fotografierte damals auch ein saarländisches Bergwerk von einem Aussichtspunkt aus; die Hauptgebäude der Grube (wie man ein Kohlebergwerk im deutschen Südwesten nennt) lieferten mir die Palette von leuchtendem Weiß bis zu einem brillanten tiefen Schwarz mit einer ganzen Reihe fein differenzierter Alu-Töne; alles auf einem Querformat. Mit diesen Schattierungen arbeite ich die komplette Serie durch. 
Um dann die Wirkung des Zusammenspiels Form - Licht - Kontrast noch zu erhöhen, habe ich die eigentliche Schwarz-Weiß-Serie um ein einziges Farbbild, nämlich das Titelbild der Serie, gebaut. Der Titel ist dabei doppeldeutig. Einerseits posierte ein Model in Schuhen einer bekannten spanischen Kultmarke auf einer angerosteten Abdeckung einer Maschine auf einem Grubengelände; andererseits soll der Titel eine ehrende Referenz an all die bedeutenden Stätten sein, an und auf denen die Serie entstanden ist - und fortgeführt wird. Dennoch gehören auch Fotografien zu der Serie, die weder in Bergwerken noch in Deutschland entstanden sind, wie beispielsweise ‚Midday Seaside‘. Für diese Fotografie flog ich nach Italien. 
Die Serie wird also insgesamt durch die Palette der Tonungen zusammengehalten, die ich von der bereits erwähnten Dynamik der Gesamtaufnahme eines Bergwerks ableitete. Es ging nicht um das Motiv - sondern eben um den davon abgeleiteten Dynamikumfang.

Sie konzentrieren sich in der aktuellen Bildserie ja vor allem auf Bilder in schwarz-weißer Darstellung. Woher kommt die Leidenschaft für die Schwarz-Weiß Fotografie?
Welche Rolle spielt Farbe oder eben auch das Abhandensein von Farbe in Fotografien?


Schwarz-Weiß-Fotografie habe ich schon als Jugendlicher geschätzt; ich erinnere mich gut an den gefühlten inneren ‚Sturm und Drang‘ im Alter von 13 bis etwa 17, danach wurde es deutlich angenehmer. Allerdings lieferten mir damals Schwarz-Weiß-Werke und auch Schwarz-Weiß-Musikvideos das Konzept einer zeitlosen, unaufdringlichen Eleganz, die einem in frühen Jahren schon (und später immer noch) begeistern kann und konnte. Bei der Darstellung in Farbe drängt sich unweigerlich für die meisten Betrachter doch die Kategorisierung nach Epochen oder bezüglich einer Ära auf - dagegen wird Schwarz-Weiß durch die Betonung der Form einem universellen Anspruch gerecht. 

Da Sie sich relativ kritisch über übermäßige Bildbearbeitung vieler Fotografen äußern: 
Wie entstehen Ihre Fotografien? Bleiben diese komplett unbearbeitet oder finden doch einige, kleine Anpassungen statt?


Im Bereich meiner freien Arbeiten umfasst die Bildbearbeitung ausschließlich eine dezente Kontrastanhebung (bis der Eindruck des real Gesehenen sich verfestigt) und einen eventuellen Bildzuschnitt. Danach erfolgt das Herausnehmen der Farben. 

Gibt es andere Fotografen, die Sie in Ihren Ambitionen als Fotograf inspiriert haben?

Es sind weniger Fotografen und ihre Werke, die mich inspiriert haben, als vielmehr der Film. Frederico Fellinis ‚La Dolce Vita‘ ist für mich bis heute eine Fundgrube - und dabei beziehe ich mich nicht auf die vielzitierte Brunnenszene.

Gibt es schon (vage) Pläne für kommende Projekte?

In diesem Frühjahr soll das Werk ‚Midday Seaside‘ der Öffentlichkeit vorgestellt werden - die Fotografie erweitert meine Serie ‚ON RUSTY GROUND‘ und ist im Konzept ein Zweiteiler, der durch eine gerade entstehende Zeichnung der Malerin und Kunstpädagogin Sabrina Giancotti, die mich als Freundin im Leben solange begleitet hat, wie ich mich zurückerinnern kann, ergänzt wird.

Ebenso entsteht derzeit das Werk ‚Structures I‘, bei dem ich Rost im Stil eines abstrakten Gemäldes fotografiert habe - nun wird die Fotografie auf Leinwand von der kolumbianischen Malerin Soraya Heuer überarbeitet, um die Strukturen noch haptischer erscheinen zu lassen. Es handelt sich also um eine Collagetechnik.

Und es wird ein Luftbild-Kalender erscheinen, für den ich in Zusammenarbeit mit dem AeroClub Hodenhagen und mit dem KulturForum Bomlitz den im Kern industriell gewachsenen Ort Bomlitz-Benefeld fotografierte, wobei für verschiedene Motive das jeweils am besten geeignete Flugzeug zum Einsatz kam. Ein Freibad fotografierten wir aufgrund der geringen Lautstärke und wegen der Langsam-Flugeigenschaften mit einem Rotax Falke-Motorsegler während für Motive wie Panoramen des Ortes eine 150er Cessna zum Einsatz kam, bei der man die Tür weit öffnen kann, um eine freien Blick und genügend Beweglichkeit des Fotografen zu erlauben - ebenso wie rasche Höhenänderungen.



Mehr seiner Werke und auch das vollständige Projekt "On Rusty Ground" findet ihr auf seiner Webseite unter: 

www.contrast-foto.info

oder seinem Instagram Kanal.

 


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