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Cyanotypie - Wenn ich mal einen Tag "Blau" mache
Lesezeit: 10 Minuten - 13. Oktober 2021 - von Matthias Petz - Aus dem Schnappschuss
Mein Name ist Matthias Petz, ich bin 34 Jahre alt und wohne im Landkreis Ravensburg. Die Überschrift zu diesem Artikel ist mein Lebensmotto. Denn wenn ich einmal „blau“ mache und nicht fotografiere, erstelle ich analoge Edeldrucke im Cyanotypie Verfahren. Diese verkaufe ich nicht nur in meinem eigenen Onlineshop, sondern fertige Cyanotypie Drucke auch auf Kundenwunsch mit eigenem Bild an. Aber bevor ich weiter erzähle: Was ist eigentlich Cyanotypie?
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Was ist eigentlich Cyanotypie?
Nun, manche kennen es unter dem Namen „Preußisch Blau“ oder „Blaudruck“. Es gilt als Schwarz-Weiß-Verfahren, obwohl es „nur“ verschiedene Nuancen von Blau abbildet. Das ist aber auch etwas dem Alter geschuldet, denn dieses Edeldruckverfahren ist schon fast 200 Jahre alt. Es wurde nach der Daguerreotypie und Kalotypie erfunden und beruht im Gegensatz zu diesen beiden auf Eisen, nicht auf Silber. Bei der Cyanotypie wird Papier fotosensibilisiert und getrocknet. Anschließend erfolgt die Belichtung als Fotogramm durch UV-Licht. Die unbelichteten Teile werden ausgewaschen, es findet also keine Entwicklung wie bei einem fotografischem Film statt.
Wahrscheinlich denken jetzt viele, dass sich dies ziemlich kompliziert anhört. Da kann ich jedoch jeden beruhigen. Cyanotypie ist ein sehr einfach zu erlernendes Verfahren und in seiner Anwendung ziemlich ungefährlich. Trotzdem sollte man nicht vergessen, dass es sich dabei um Chemikalien handelt und man ein paar Sicherheitsvorkehrungen treffen sollte. Für das Cyanotypie Verfahren können Objekte sowie eigens dafür hergestellte, auf Folien gedruckte Negative verwendet werden. Für die Negative reicht schon ein einfacher Tintenstrahldrucker aus. Da dies nun aber das Thema des Artikels sprengen würde, ist ein ausführliches Tutorial findet ihr hier.
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Es lässt mich nicht mehr los...
Nun zu dem Thema, wie ich zu diesem Verfahren gekommen bin. Am Anfang meiner Selbststudien in der analogen Fotografie war es das günstigste Verfahren, womit man anfangen konnte, eigene Bilder in Edeldrucke zu verwandeln. Wenn man einmal damit begonnen hat und sieht, wie sich das Blau in all seinen Nuancen im Wasserbad entwickelt, ist man sehr schnell in den Bann dieses Verfahrens gezogen; mich hat es bis heute nicht mehr losgelassen.
Dabei wähle ich Motive aus, die mich selbst berühren. Bilder und Fotografien, die ich meist mit einem gewissen Gedanken aufgenommen habe. Dazu gehören meine „Street Photopraphy“ Bilder oder meine Ballettaufnahmen auf Schwarz-Weiß-Film. Ebenso finden viele meiner Portraitaufnahmen den Weg in die Veredelung als Druck. Warum mache ich mir jedoch eigentlich die Arbeit, Bilder in einem alten Format als Drucke zu belichten, wenn ich sie doch genauso gut einfach über eine Druckerei auf edlem Papier anfertigen lassen könnte? Persönlich finde ich, dass zu viele Bilder im digitalen Zeitalter irgendwo auf der Festplatte oder im Internet in sozialen Medien „lagern“, ohne dass sie wirklich jemand zu Gesicht bekommt. In der heutigen Zeit, in der jedes Smartphone schon tausende Fotos speichern kann, ist es Alltag geworden, das digitale Fotoalbum immer zur Hand zu haben.
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Es ist schön zu wissen, dass die wertvollsten Bilder an der Wand hängen...
Zu oft schaut man sich die alten Bilder jedoch nicht mehr an, geschweige denn wird an ein Backup gedacht. Ein kleines Missgeschick und schon sind all unsere wertvollen Fotos verloren, auch die, die uns wirklich sehr am Herzen liegen. Dabei finde ich es tröstlich zu wissen, dass auch wenn mein Handy mal sein Leben ausgehaucht hat und mein Backup gerade nicht auffindbar ist, meine wertvollsten Momente im Leben zu Hause als Edeldrucke an der Wand auf mich warten, um jederzeit bewundert zu werden. Hierbei kann man schon erkennen, dass meine Haltung zur Fotografie nicht so sehr in der digitalen Welt verankert ist. Aber natürlich muss ich gestehen: auch ich nutze die digitale Fotografie. Oft schon aus dem Aspekt heraus, dass mein Smartphone die „Immer-Dabei-Kamera“ darstellt.
Wie schlussendlich das Bild entstand, ob digital oder analog, spielt für mich eine untergeordnete Rolle. Wenn ich mir bewusst die Zeit nehme, bevorzuge ich allerdings die Fotografie auf Schwarz-Weiß-Film.
Meine Inspiration
Kurz vor dem Ende dieses Artikels möchte ich noch etwas darüber erzählen, was mich bei meiner Arbeit inspiriert. In erster Linie geht es für mich darum, wie ich die Welt sehe. Ich leide seit Jahren an einer chronischen psychischen Erkrankung und gebe so der Welt, wie ich sie erlebe, einen neuen Ausdruck. Ich suche oft Momente, die voller Ruhe und Schönheit sind, die wir aber im Stress des Alltags nur zu gern übersehen. Es ist für mich auch eine Zeit des Abschaltens, eine bewusste Entschleunigung im Alltag. Dabei konzentriere ich mich nur auf das Bild, denn vieles an einem Bild erkennt man erst, wenn man sich bewusst die Zeit für die Betrachtung nimmt. Das gilt auch bei der Weiterverarbeitung von Bildern.
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Das große Ziel ist noch in Arbeit
Aber was passiert nun eigentlich mit meinen Werken? Das ist in der Tat sehr unterschiedlich. Manche Bilder liegen oft Jahre herum, wie ein guter Wein reifen sie bildlich gesprochen vor sich hin, bis ich sie wiederentdecke. Ausgewählte Bilder landen als Drucke in meinem Online-Shop und wieder andere landen in sozialen Medien wie Instagram. Einige davon schaffen es dann wiederum auch bei Zeitschriften zur Einreichung, wobei neben meinen Fotoarbeiten auch schon Cyanotypie-Drucke von mir veröffentlicht wurden. Das ganz große Ziel ist jedoch noch in Arbeit: irgendwann möchte ich eine Ausstellung zu meinen Bildern abhalten. Details dazu und Themen sind in Arbeit, aber mehr wird noch nicht verraten. Ebenso weitere geplante Veröffentlichungen, wie beispielsweise in einem Buch, werden von mir erst endgültig bekannt gegeben, wenn sie „spruchreif“ sind, wie man so schön sagt.
Vielleicht hast du jetzt auch mal Lust einen Tag „blau“ zu machen und in die Welt der Cyanotypie einzutauchen.
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